Interview mit Agnes vom Studio abk
Anges ist eine unserer Lieblingskünstlerinnen. Ihre freundliche und zuvorkommende Art sowie ihre Leidenschaft für das, was sie täglich macht, sind geradezu ansteckend. Heute durften wir Agnes ein wenig über die Schultern schauen, wie unsere Tassen aus der Maritime Edition entstehen und haben die Zeit genutzt, ein wenig mehr zu erfahren.
Hallo Anges, danke, dass wir bei dir sein dürfen! Kannst du uns ein wenig vor dir erzählen?
Sehr gerne! Meine Familie stammt aus Ungarn und ich wurde in Budapest geboren, aufgewachsen bin ich aber von kleinstem Kindesalter an im Waldviertel in Niederösterreich.
Seit gut 18 Jahren lebe ich nun in Wien und fühle mich hier pudelwohl. Aktuell bin ich mit meinem Mann in einer wunderschönen Altbauwohnung in Brigittenau zu Hause.
Wie bist du zu deiner wundervollen Keramik-Kunst gekommen?
Eigentlich war mir schon seit meiner Kindheit klar, dass ich einen künstlerischen Lebensweg einschlagen werde. Ich komme aus einer Musikerfamilie, da stand Kunst in allen ihren Formen und Ausdrucksweisen immer ganz hoch im Kurs.
Als ich dann nach der Matura nach Wien gekommen bin, entdeckte ich irgendwann die Wiener Kunstschule, wo ich bei Hermann Seiser Keramik und Produktgestaltung studiert habe. Nach meinem Diplom habe ich jahrelang gehadert und mich nicht getraut, mich mit meiner Kunst selbständig zu machen, aber kurz vor der Pandemie war es dann so weitu und ich habe den Sprung ins kalte Wasser gewagt. Und wie es das Schicksal so wollte, habe ich noch dazu beim Hermann in der Werkstatt, also im Schauraum 41 einen Platz bekommen! Seither arbeite ich also als selbständige Keramikerin und freischaffende Künstlerin im schönen 18. Bezirk in Wien.
Was zeichnet deine Kunst aus?
Meine künstlerische Praxis hat viel mit Neugier zu tun. Ich probiere gerne Sachen aus, ich experimentiere gerne mit Techniken, Materialien und Farben. Das bedeutet ganz konkret, dass ich manchmal, bevor eine bestimmte Arbeit entsteht, eigentlich nur eine kleine Eingebung habe, aber noch gar nicht weiß, wohin sich das Projekt schlussendlich entwickelt. Wenn es nicht um Aufträge geht, bei denen gewisse Faktoren fix gegeben sein müssen (z. B. ein bestimmtes Volumen oder gewisse Maße, die das Stück haben soll) mache ich auch so gut wie nie Skizzen. Ich fange einfach mit einer Idee an und höre auf das Material und den Prozess und schaue dann, wo mich das hinführt.
Wenn ich mal wo nicht weiterweiß, hilft es mir, mich mit einem anderen Medium zu beschäftigen. Zum Beispiel, wenn ich überhaupt keine Ideen in der Keramik finde und das Gefühl habe, irgendwie festzustecken, dann zeichne oder male ich. So inspirieren und bedingen sich dann die verschiedenen Medien oft gegenseitig, auch wenn das vielleicht von außen nicht immer ersichtlich ist.
Hattest du Vorbilder auf deinem Weg?
Vorbilder habe ich viele, auf allen möglichen Ebenen. Natürlich ist der persönliche Austausch mit meinen Kolleg_Innen im Schauraum41 immer unheimlich inspirierend. Und wenn ich technisch vor einem Problem stehe, habe ich noch dazu das große Glück meinen ehemaligen Professor Hermann Seiser um Rat fragen zu können.
Ansonsten gibt es allein schon im Bereich der Keramik so viele tolle Künstler_Innen, die ich bewundere, dass hier eine vollständige Auflistung ziemlich sicher den Rahmen sprengen würde. Hier ist eine kleine Auswahl: Cecil Kemperink, Valéria Nascimento, Gertrud Vasegaard, Kansai Noguchi, uvm....
Wie wird deine Kunst hergestellt?
Ich arbeite hauptsächlich mit Porzellan, entweder als Gießmasse oder als plastische Masse. Gießmasse bedeutet, dass das Porzellan flüssig ist und in Gipsformen gegossen wird. Diese Gussformen, sogenannte Negativformen, und die dazugehörigen Positivformen (also quasi die Prototypen), stelle ich auch selbst her. Mit dieser Technik kann man sehr gut in Serie arbeiten.
Plastisches Porzellan hingegen verhält sich mehr wie Ton, man kann es kneten und formen. Ich arbeite sehr gerne damit, allerdings nicht auf einer Drehscheibe. Entweder ich benutze auch hier Gipsformen, um die ich das Material dann quasi rundherum forme, oder ich modelliere ganz frei. So entstehen dann immer ganz besondere Einzelstücke, wo kein Stück dem anderen gleicht.
Porzellan ist ein keramisches Material, es besteht hauptsächlich aus Kaolin. Ich liebe es wegen seiner wunderbaren Eigenschaften. Wenn es dünn ist und bei der richtigen Temperatur gebrannt wird, ist es transluzent, also lichtdurchlässig. Das fasziniert mich jedes Mal wieder. Man kann unglaublich dünn damit arbeiten, es wirkt so fein und fragil, und doch ist eigentlich ein ziemlich robustes Material.
In der Werkstatt arbeiten wir eigentlich alle fast nur mit Porzellan, und wir brennen es, je nach Art der Masse (es gibt verschiedene Porzellane) zwischen 1220 und 1250 Grad Celsius. Nach dem Glasurbrand ist das Material wasserdicht, übrigens auch ohne Glasur. Man kann also auch ein komplett unglasiertes Stück aus Porzellan ohne weiteres zum Beispiel als Vase benutzen, vorausgesetzt, es wurde hoch genug gebrannt. Die Masse, mit der ich arbeite, kommt übrigens hauptsächlich aus Frankreich, wobei ich manchmal auch mit Massen aus Großbritannien arbeite.
Wie lange dauert es bis ein Stück fertig ist?
Wie lange es dauert, bis ein Stück fertig ist, ist eine sehr schwierige Frage. Das hängt ganz vom Stück ab. Prinzipiell ist die Arbeit mit Keramik, egal in welcher Art, ein sehr langsamer Prozess. Man muss viel warten zwischen den einzelnen Arbeitsschritten, und man kann die meisten Prozesse auch nicht wirklich beschleunigen. Ungeduldig sein bringt also nichts, man muss sich dem Material anpassen, ob man will oder nicht.
Woher bekommst du deine Inspirationen?
Meine Inspiration bekomme ich von überall her. Natürlich spielen andere Künstler_Innen eine Rolle, auch die Natur bietet eine wirklich endlose Inspirationsquelle. Ich denke, wenn man mit offenen Augen und Neugier durch die Welt geht, kann eigentlich alles zur Inspiration werden. Besonders interessant finde ich Wiederholungen und darin enthaltene, kleine Abweichungen, die dem Zufall geschuldet sind. Überhaupt ist der Zufall als gestalterisches Element etwas sehr Interessantes. Die spannendsten Sachen können so entstehen.
Was sind deine Pläne für die Zukunft?
Meine Zukunftspläne sind auf jeden Fall groß! Einerseits möchte ich natürlich meine Arbeit als Keramikerin weiter vertiefen und auch meine skulpturalen Arbeiten mehr präsentieren, andererseits möchte ich meine Bilder öfter ausstellen. Außerdem erwarte ich momentan Nachwuchs, also warten einige neue Abenteuer auf mich.
Was ist deiner perfekter My HOMENT?
Mein perfekter Moment daheim ist ganz klar ein gemütlicher, sonniger Vormittag im Frühsommer am Balkon, mit einem guten Buch und einem Eiscafé. Am liebsten natürlich in meiner Lieblingstasse (selbst gemacht). Ich liebe es einfach am Balkon die ersten Sonnenstrahlen zu genießen!
Wie sieht dein perfekter Abend mit Freunden aus?
Ein perfekter Abend mit Freund_Innen ist für mich ein Sommerabend im Freien, vielleicht in einem gemütlichen Gastgarten, oder an einem Gewässer, am liebsten mit einem Getränk, gutem Essen und schönen Gesprächen.
Du willst noch mehr Einblicke in die Werkstatt von Agnes bekommen? Hier der Link zu unserem Werkstattbesuch.
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